Der Mann, der die Maulwürfe verjagt

VOM SCHWARZWALD NACH CHRISTINENTAL: WALTER SCHWERDTLE.
VOM SCHWARZWALD NACH CHRISTINENTAL: WALTER SCHWERDTLE.

Aufbruchstimmung: Franz Beckenbauer, Günter Netzer und Gerd Müller ließen das deutsche Fußballvolk jubeln, als die Nationalmannschaft 1972 mit überragenden Leistungen Europameister wurde. Alles fieberte schon der WM im eigenen Land entgegen, die zwei Jahre später stattfinden sollte. Der Schwabe Walter Schwerdtle hatte aber auch noch anderes zu tun: Ihn zog es unwiderruflich mit seiner Familie aus dem Schwarzwald nach Schleswig-Holstein, genauer gesagt nach Christinental, wo seine Ehefrau Monika ihre Wurzeln hatte. 

Der große VfB Stuttgart-Fan wurde Mitglied bei der TS Schenefeld, wo er auch seine drei Söhne Jörg, Dieter und Mike anmeldete. Für den VfB schwärmt er heute noch, aber mittlerweile ist die TS sein Lieblingsverein. Zehn Jahre nach dem Umzug in den Norden wurde schließlich auch der jüngste Sohn Kai, schon ein geborener Schleswig-Holsteiner, beim Verein angemeldet und Vater Walter, der bei seinen anderen drei Jungs stets als Zuschauer an der Seitenlinie stand, war nun nicht nur als Fan dabei, sondern nahm die Geschicke als E-Junioren-Trainer selbst in die Hand. Seitdem ist Schwerdtle bei der TS ehrenamtlich tätig. Und das soll auch mit 80 Jahren so bleiben: In wenigen Tagen nullt Schwerdtle zum achten Mal.

AUF DEM TRECKER: WALTER SCHWERDTLE BEI DER ARBEIT AUF DEM SCHENEFELDER SPORTPLATZ. SH:Z (3)
AUF DEM TRECKER: WALTER SCHWERDTLE BEI DER ARBEIT AUF DEM SCHENEFELDER SPORTPLATZ. SH:Z (3)

Mittlerweile sorgt er dafür dass der Sportplatz immer in Top-Zustand ist. Zusammen mit seinem Freund Michael Brucherseifer, engagiert sich Schwerdtle als Platzwart. Begonnen hat er mit dieser Tätigkeit 2011 – zunächst eigentlich mehr, um dort die Maulwürfe zu vertreiben. Doch mittlerweile ist Schwerdtle Spezialist in Sachen Platzfragen geworden und kümmert sich um alles – vom Mähen bis zu den Maulwürfen – denn die treiben immer noch hin und wieder dort ihr Unwesen.

Begeistert vom Fußball war Walter Schwerdtle schon immer. 18 Jahre hatte er selbst aktiv in seinem Heimatverein FV Wildbad gespielt, bevor er nach SH kam. Hier war er nicht mehr aktiv, sondern begleitete seine Söhne und steckte seine Energie in den Hausbau. 1978 bezog die Familie Schwerdtle ihr Eigenheim in Schenefeld. Den Trainerjob im Jugendbereich hatte er drei Jahre ausgeübt. Aus beruflichen Gründen – die Firma Meifort versetzte ihn von Itzehoe nach Marne – musste Schwerdtle ihn jedoch schweren Herzens aufgeben, begleitete seine Söhne aber natürlich weiter an den Wochenenden zu ihren Spielen.

WALTER SCHWERDTLE (O. L.) ALS BETREUER DER LIGA-MANNSCHAFT UNTER TRAINER ROGER HANDORF (R.) 1997.
WALTER SCHWERDTLE (O. L.) ALS BETREUER DER LIGA-MANNSCHAFT UNTER TRAINER ROGER HANDORF (R.) 1997.

Als die Schenefelder Herrenmannschaft aber in der Saison 1989/90 nach der Hinserie der Kreisklasse A, ähnlich wie jetzt Schalke in der Bundesliga, scheinbar hoffnungslos am Tabellenende stand, wurde der kürzlich verstorbene Erwin Hohnsbehn neuer Trainer, der seinen Freund Walter dazu überredete, ihm als Betreuer zur Seite zu stehen. Deutschland wurde Weltmeister und die Schenefelder schafften tatsächlich noch den Klassenverbleib. Walter Schwerdte blieb als Betreuer dabei, auch als die Trainer wechselten. Es war eine erfolgreiche Zeit, in der die Schenefelder ein Jahr später in die Kreisliga aufstiegen, danach mehrmals ganz knapp den Aufstieg in die Bezirksklasse verpassten, den sie dann doch schafften und sich dort drei Jahre hielten. Schwerdtle arbeitete in dieser Zeit mit in der Region bekannten Trainern wie Volker Böge (Sohn des legendären Kuno Böge), Bernd Gerulat oder Roger Handorf zusammen. Den Aufstieg in die Bezirksklasse schaffte die TS unter Spielertrainer Jens Stöver, den heutigen Bürgermeister der Nachbargemeinde Puls. Aus dieser Zeit stammt auch eine der schönsten Erinnerungen Schwerdtles, als die TSS beim ärgsten Rivalen in Vaale mit 6:2 gewannen. Danach ging es dann zur Weihnachtsfeier: „Die schönste, die wir je hatten“, so Schwerdtle.

Auch seine Frau Monika war dem Verein treu verbunden, betätigte sich bei den Heimspielen der Fußballer als Kassiererin, bis sie im November 2000 mit nur 58 Jahren verstarb. Ein Schicksalsschlag für Walter Schwerdtle, den er aber auch durch die Freude am Fußball überwand. Auch weil sich Enkel einstellten – inzwischen sind es sieben – von denen er Maten, Jacob und Luca ständig begleitete, als sie damit begannen, dem runden Leder hinterherzujagen. Seine Söhne spielen mittlerweile in der Altliga, wo er auch immer wieder Aufgaben übernimmt.

TS-Vorsitzender Mirco Sobek ist dankbar, dass der rüstige Oldie, der sich mehrmals pro Woche mit Nordic Walking rund um Schenefeld fit hält, weiter treu zu seinem Verein hält und sich auch im hohen Alter an Aufgaben bei der TS erfreut. „Wir wissen, was wir an Walter haben, er geht bei uns in seinen Tätigkeiten auf, die ihn jung halten“, so Sobek. Er hoffe, dass Schwerdtle noch lange Spaß daran habe, die Sportanlage zu pflegen. „Denn die ist dank Walter in einem Top-Zustand.“

 

Schenefeld, 06. März 2021

Quelle: sh:z

Bericht: Rainer Stöter
Bilder: sh:z